Veröffentlicht am

Negativzins-Update #14: Auswirkungen des LIBOR-Wegfalls auf Zinsswaps

blogpost 67 | Nach aktuellem Stand (30 Aug 21) wird der Referenzzinssatz LIBOR ab 1. Januar 2022 aufhören zu existieren. Das wirft die bankjuristisch aktuell (hoch-) relevante Rechtsfrage auf, wie sich dieser Wegfall auf (noch) laufende Zinsswaps mit LIBOR-Leistungen auf den variablen Armen von Swaps auswirkt, bei denen die Parteien keine (explizite) „Wegfall-Klausel“ vereinbarten. Gerichtsurteile gibt es dazu naturgemäss noch keine. Erste rechtliche Tendenzen lassen sich indes bereits erkennen. Hierzu, namentlich in Bezug auf den in der Praxis verbreiteten „Schweizer Rahmenvertrag für OTC-Derivate“ der Schweizerischen Bankiervereinigung („SBVg“) in der Version 2003 („SMA 2003“), enthält das nachstehende Negativzins-Update #14 einige weiterführende Gedanken. Es droht ein ersatzloser Wegfall des (gesamten) Zinsswaps.

weiterlesen
Veröffentlicht am

Negativzins-Update #13: „Nullzinsfloor“ nur bei „separater Vereinbarung“ | Zinsbestätigungen und Zinszahlungen reichen nicht (Urteil OGer ZH)

blogpost 66 | Mit Urteil vom 19. Januar 2021 (LB200029) befasst sich soweit ersichtlich erstmals eine obere kantonale Instanz (das Obergericht des Kantons Zürich; „OGer ZH“) mit der Rechtsfrage, auf welche Weise sich negative Libor-Sätze auf den Zins einer Libor-Hypothek auswirken. Im Kern dreht sich der Streit um die Frage, ob die beklagte Bank berechtigt sei, den Libor-Satz bei 0% zu „flooren“, entgegen der im Kredit(rahmen)vertrag vereinbarten Berechnungsformel „Basissatz (z.B. Libor) + Marge = Zins“. Das OGer ZH verlangt hierfür eine „separate Vereinbarung“ und erachtet das (Nicht-) Vorliegen einer solchen als streitentscheidend („Die Entscheidung hängt damit davon ab“), wobei „bereits Zweifel genügen“. Als nicht hinreichend erachtet das OGer ZH in nachträgliche, einseitige Kreditbestätigungen eingefügte Nullzinsklauseln und entsprechend von der Bank vorgenommene, überschiessende Zinsabbuchungen. Das vorliegende Update #13 enthält ausserdem weiterführende Inhalte zu Rechtsirrtum, normative Auslegung und Art. 8 UWG (Asymmetrie-Problem bei Zinsfloor ohne Zinscap).

weiterlesen
Veröffentlicht am

Negativzins-Update #11 | (keine) Negativzinsen bei vorfälliger Auflösung von Festhypotheken

blogpost 55 | In einem aktuellen Negativzins-Leiturteil in Bezug auf die (sog.) Vorfälligkeitsentschädigung („VFE“) wegen vorzeitiger Auflösung einer Festhypothek hat das Obergericht des Kantons Zürich („OGer. ZH“) den Einbezug negativer Zinssätze in die VFE-Berechnung untersagt: Im Kreditrahmenvertrag (nota: und nicht in einer späteren „Bestätigung“ o.ä.) sei in der anwendbaren VFE-Klausel nur von einem „erzielbaren Zinssatz“ die Rede, was Negativzinsen „eindeutig“ nicht erfasse. Die Bank musste daher die veranlagten Negativzinsen an den Kreditnehmer zurückzahlen. Aufgrund der weiten Verbreitung der streitgegenständlichen VFE-Klausel in Festhypothekar-Verträgen ist das Urteil von erheblicher Tragweite. – Weiterführend, namentlich mit Blick auf aktuelle Kontroversen in anderen Rechtsfällen, erörtert der vorliegende Beitrag ausserdem, (a) weshalb selbst bei einer VFE-Klausel, in der Negativzinsen explizit vorgesehen sind, nicht ohne weiteres der „negativste“ negative Wiederanlagesatz beigezogen werden darf, sowie (b), welche Zusatz-Anforderungen Art. 8 UWG an VFE-Klauseln stellt. [Mit Ergänzungen vom 16.1.2020]

weiterlesen
Veröffentlicht am

Negativzins-Update #7 | Leiturteil Bundesgericht: Keine Umkehr der Zinszahlungspflicht bei Krediten mit negativen Basiszinssätzen

blogpost 50 | In einem ersten Negativzins-Leiturteil vom 7. Mai 2019 (4A_596/2018 / BGE 145 III 241) hat das Bundesgericht („BGer.“) eine Umkehr der Zinszahlungspflicht bei Krediten mit negativen Basiszinssätzen (i.c. CHF 6M-LIBOR) zu Recht abgelehnt. Die Frage eines absoluten Margenschutzes (i.S.v. „0% + Marge“) lässt das BGer., mangels Widerklage der beklagten Bank, indes offen. Die Vorinstanz (Cour de Justice Genf) lehnte einen solchen Margenschutz ab und setzte den (Gesamt-) Kreditzins auf 0% fest.

weiterlesen
Veröffentlicht am

Handelsaktivität einer Bank ohne Auftrag des Bankkunden ist nicht Vermögensverwaltung, sondern Geschäftsführung ohne Auftrag

blogpost 49 | Mit Urteil vom 25. März 2019 (4A_449/2018) hat das Bundesgericht („BGer.“) die Handelsaktivität einer Bank, die ohne Auftrag des Kunden erfolgte, als Vermögensverwaltung („VV“) qualifiziert. Begründet wurde dies damit, dass die Bank die Anlageentscheide gefällt habe, weshalb weder Execution-Only („EO“) noch Anlageberatung („AB“), sondern VV vorliege. Bei Überschreitung des Auftrags, d.h. Bankgeschäften ausserhalb des Bankvertrags, handelt es sich indes nicht um VV, sondern um Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. Urteil BGer. 4A_262/2008). Entsprechend unterscheiden sich die Haftungsfolgen.

weiterlesen
Veröffentlicht am

Bundesgericht konkretisiert Schadensschätzung und -substantiierung in der Anlageberatung und Vermögensverwaltung

blogpost 38 | In einem aktuellen Urteil vom 16. April 2018 (4A_586/2017) (zur Publikation in der amtlichen Sammlung vorgesehen [inzwischen publiziert: BGE 144 III 155]) konkretisiert das Bundesgericht (BGer.) die Anforderungen an die richterliche Schätzung sowie klägerische Substantiierung von Anlageschäden. Dem Urteil lag ein (Anlage-)Beratungsverhältnis zugrunde. Da indes das BGer. analog Grundsätze aus dem Vermögensverwaltungsrecht beizieht, ist das Urteil auch für Vermögensverwaltungsfälle einschlägig.

weiterlesen
Veröffentlicht am

Retrozessionen: Handelsgericht Zürich bejaht Herausgabepflicht auch bei fehlendem Interessenkonflikt

blogpost 36 | Mit Urteil vom 15. November 2017 (HG 150054) hat das Handelsgericht des Kantons Zürich („HGer. ZH“) eine Klage der BVK auf Herausgabe von Retrozessionen in Höhe von über CHF 12 Mio. (nebst Zinsen) gutgeheissen. Beachtlich ist dabei insbesondere, dass das Gericht eine Herausgabepflicht auch bei fehlendem Interessenkonflikt und damit (obiter dictum) auch bei „Execution-Only“ bejaht. Auch zur Verzichts- und Verjährungsfrage hat sich das HGer. ZH geäussert (kein Verzicht, Verjährung 10 Jahre). Das Urteil ist inzwischen unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

weiterlesen
Veröffentlicht am

Negativzins-Update #5 | LG Tübingen: Einführung von Negativzinsen auf bestehende Einlagen mittels AGB-Änderung ist unzulässig

blogpost 30 | Mit Urteil vom 26. Januar 2018 (4 O 187/17) hat das Landgericht Tübingen eine Unterlassungsklage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Volksbank Reutlingen gutgeheissen. Der Bank wird damit untersagt, AGB zu verwenden, nach denen für bestehende Sicht-, Spar- und Termineinlagen Negativzinsen zu entrichten seien. Eine solche Entgeltspflicht könne die Bank bei bereits abgeschlossenen Einlagegeschäften nicht nachträglich einführen. – Diese Erwägungen sind auch nach Schweizer Recht relevant, namentlich mit Bezug auf Negativzins-AGB-Klauseln hiesiger Banken. [Anmerkung: Dieses Urteil ist unterdessen in Rechtskraft erwachsen.]

weiterlesen
Veröffentlicht am

Negativzins-Update #4 | Negativzins-Rechtslage in CH/DE/AT

blogpost 29 | Heute vor drei Jahren hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) nicht nur den EUR/CHF 1.20-Mindestkurs aufgegeben, sondern auch die Negativzinsen auf -0.75% gesenkt. Seither sind Negativzinsen für Finanzinstitute und Bankkunden Herausforderung und Belastung zugleich. Ein Ende der Negativzins-Politik der SNB ist bis auf weiteres nicht in Sicht. Anlass genug, um eine juristische Zwischenbilanz zu ziehen. Update #4 verschafft (in Form von Checklisten) einen Überblick zur aktuellen Negativzins-Rechtslage in der Schweiz (CH), Deutschland (DE) und Österreich (AT) und bietet damit Orientierung im „Rechts-Dickicht“ von Urteilen, Standpunkten und Meinungen zu zentralen Rechtsfragen rund um Negativzinsen.

weiterlesen
Veröffentlicht am

Zur asketischen Begründungspraxis des Bundesgerichts im Bankprivatrecht

blogpost 27 | Im 2017 hatte das Bundesgericht (BGer.) verschiedene Fälle im Fachgebiet des Bankprivatrechts zu beurteilen. Dabei fällt auf, dass das BGer. bisweilen (fast) keine Rechtsliteratur (mehr) zitiert. Namentlich drei diesjährige Urteile des BGer. geben insoweit Anlass zu Kritik. Problematisch ist eine solch „asketische“ Begründungspraxis v.a. dort, wo komplexe Rechtsfragen zu beurteilen sind, zu denen es zahlreiche Lehrmeinungen gibt. Werden diese entgegen Art. 1 Abs. 3 ZGB weder konsultiert noch in die Urteilsbegründung eingebaut, sei es zustimmend, differenzierend oder ablehnend, gefährdet das die Rechtsprechung. Urteile sind weniger robust, verlieren an Überzeugungskraft, die Rechtsvorhersehbarkeit sinkt. Blogpost 27 legt dar, was das für die betroffenen Parteien (Finanzinstitute, institutionelle und private Investoren) bedeutet und wie man darauf reagiert.

weiterlesen